Klinische Forschung
Jeder Wirkstoff auf dem Weg von der Forschung bis zu einem Medikament muss irgendwann beim Menschen zum Einsatz kommen. Die klinische Forschung in den pharmazeutischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen wie etwa in Universitätskliniken ist ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung neuer Arzneimittel.
In der klinischen Forschung werden Wirkstoffe und chemische Verbindungen, Wirkstoffkombinationen, neue galenische Formen oder Anwendungsgebiete, auf vor allem Unbedenklichkeit, Wirksamkeit, Qualität und das Nebenwirkungspotenzial eines zukünftigen Arzneimittels untersucht. Untersucht werden sie in klinischen Prüfungen.
Die klinischen Prüfungen laufen in Phasen ab. Jedes neue Medikament wird gewöhnlich in klinischen Prüfungen der Phasen I bis IV geprüft, nachdem der Wirkstoff identifiziert und als potenziell wirksam eingestuft wurde und die präklinische Forschungsphase erfolgreich durchlaufen hat. Alle Prüfungen finden nach den Grundsätzen und strengen Regeln der Guten Klinischen Praxis statt, wie von den Behörden zum Schutz der Patientensicherheit vorgeschrieben, der Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes (ICH), speziell in Deutschland nach dem deutschen Arzneimittelgesetz, der deutschen GCP-Verordnung und der entsprechenden Richtlinie der EU. Bis zur Phase III finden die Prüfungen vor der Zulassung eines Arzneimittels statt, die Phase IV-Prüfung danach.
Klinische Prüfungen der Phase I dienen dazu, die Verträglichkeit, die Verstoffwechselung bzw. das Verhalten im Organismus und Interaktionen des Wirkstoffes, der in sämtlichen Phasen der klinischen Forschung als Prüfpräparat oder auch -substanz bezeichnet wird, zu untersuchen. Aber auch das Finden der richtigen Dosis spielt in diesem Stadium eine wichtige Rolle. Dabei gibt es seit einigen Jahren auch die „Pre-Phase I“, in der in Erstanwendung am Menschen einmalige Gaben von Mikrodosen verabreicht werden. Das sind Dosen von höchstens 100 Mikrogramm eines Wirkstoffes. Ziel ist dabei, schon sehr frühzeitig Erkenntnisse über bestimmte Verhaltensmuster des Wirkstoffes zu gewinnen. In Prüfungen der Phase I erfolgt üblicherweise die Erforschung der Prüfsubstanz an einer kleinen Gruppe von 10 bis 30 gesunden, freiwilligen Probanden, meistens Männern in speziellen Untersuchungseinrichtungen.
In der Phase II wird die Prüfsubstanz an freiwilligen Patienten untersucht, die an den Symptomen beziehungsweise Krankheitsbildern leiden, gegen die die Substanz vorgesehen ist. Dabei nehmen in den meisten Fällen mehrere hundert Patienten teil, die in Krankenhäusern, Universitätskliniken oder Arztpraxen medizinisch überwacht und betreut werden. Ziel der Prüfungen sind Erkenntnisse über die Wirksamkeit, mögliche Wirkungen, Dosisfindung und verschiedene, miteinander verglichene Applikationsarten.
Klinische Prüfungen der Phase III dienen der Bestätigung der Wirksamkeit der Prüfsubstanz (konfirmatorisch), aber auch dem Nachweis der Verträglichkeit, den Untersuchungen zur Dosierung und zur Abschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses. An ihnen nehmen bis zu einige tausend freiwillige Patienten teil und sie dauern z. T. mehrere Jahre. Die Ergebnisse dieser Prüfungen dienen bis auf einige Ausnahmen den Bundesoberbehörden als Grundlage für die Entscheidung über die Zulassung der Prüfsubstanz als marktfähiges Arzneimittel.
Phase IV-Prüfungen, die nach der Zulassung und dem Inverkehrbringen des Arzneimittels durchgeführt werden, dienen der Erfassung von Daten zur Sicherheit für den Patienten, zum Nebenwirkungsprofil, der Wirkung und Wirksamkeit, Wechselwirkungen, Therapieoptimierung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Langzeitanwendung und -beobachtung.
Die Ergebnisse dieser Studien müssen vom pharmazeutischen Unternehmer, der beabsichtigt, das Arzneimittel auf den Markt zu bringen, zur Zulassung seines Produktes den Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Paul-Ehrlich-Institut (PEI)) vorgelegt werden. Sie entscheiden auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse, ob das Arzneimittel zugelassen wird und vertrieben werden darf. Konnten Verträglichkeit, Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffes in den klinischen Prüfungen nachgewiesen werden, kann das Arzneimittel zugelassen werden.
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28.11.2022 | Pressemeldung
Gemeinsame Pressemitteilung: Massive Funktionsprobleme des EU-Portals CTIS für Klinische Prüfungen bedrohen die Arzneimittelforschung in Europa
Die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 für Klinische Arzneimittelprüfungen wird seit Ende Januar 2022 angewendet. Alle Forschungsvorhaben mit Humanarzneimitteln müssen ab dem 31. Januar 2023 europaweit nach dieser Verordnung über das elektronische Portal CTIS beantragt und genehmigt werden. Ohne ausreichende Funktionsfähigkeit dieses Portals droht das gesamte System der EU-Verordnung zu scheitern. -
28.03.2022 | Stellungnahme
BPI-Stellungnahme zur Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen in Europa
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04.02.2022 | Gute Nachricht
Moderne Krebsmedizin: Zusammenspiel innovativer Therapien
Immer weniger Menschen versterben in Deutschland an Krebs. In den vergangenen 20 Jahren sank die Sterberate um etwa ein Viertel. Zu verdanken ist diese Entwicklung einer Vielzahl an effektiven Therapiemöglichkeiten: Neben den Fortschritten im Bereich der Früherkennung und operativen Behandlung von Tumoren haben sich vor allem zielgerichtete Arzneimittel und moderne Ansätze in der Immun- sowie Gen- und Zelltherapie entscheidend weiterentwickelt. Und es geht weiter: Weltweit forschen mindestens 740 pharmazeutische Unternehmen an der Entwicklung neuer Krebstherapien. Eine gute Nachricht zum Weltkrebstag! -
15.04.2021 | Pressemeldung
Chance nutzen: Forschung an Arzneimitteln gegen COVID-19 mehr fördern!
„Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie haben wir immer noch zu wenige Arzneimittel, um COVID-19 zu behandeln“, sagt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). „Dabei gibt es vielversprechende Therapieansätze bei den Herstellern.“ Heute stellte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Erfolge der bisher geförderten Projekte und neue Förderkandidaten vor. „Der Förderansatz des BMBF ist gut, aber das Volumen reicht nicht ansatzweise aus. Wir brauchen mindestens das Zehnfache, um die Entwicklungsansätze von dringend benötigten Arzneimitteln zum Patienten zu bringen.“ -
25.07.2019 | Gute Nachricht
Hepatitis C: Diagnose heilbar
Alleine 2017 wurden weltweit fünf Millionen Patienten mit neuartigen Medikamenten gegen die chronische Hepatitis C-Virusinfektion behandelt. Diese modernen Arzneimittel sind seit einigen Jahren zugelassen und ermöglichen eine Heilung der leberzerfressenden Virusinfektion – und zwar in kürzerer Zeit und mit geringeren Nebenwirkungen, als bei vorherigen Therapien. -
30.10.2018 | Hintergrund
Klinische Forschung bei Kindern
Ein Großteil der bei Kindern eingesetzten Arzneimittel sind an Kinder nicht geprüft und nicht für sie zugelassen. Das sollte die 2007 in Kraft getretene EU-Kinderarzneimittel-Verordnung ändern. Sie regelt die Entwicklung und Zulassung von Kinderarzneimitteln und ist in allen Mitgliedstaaten der EU rechtverbindlich. Ihr Ziel ist die Förderung der Entwicklung neuer Kinderarzneimittel und die Weiterentwicklung bereits zugelassener Medikamente. -
31.05.2018 | Gute Nachricht
Epilepsie: Neue Forschung, neue Hoffnung
Es gibt über 200 verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Migräne gehört zu den häufigsten Formen. Zwischen 10 und 15 Prozent der Bevölkerung leiden unter der Volkskrankheit. Viele Symptome der chronisch wiederkehrenden Attacken können mit Medikamenten gut behandelt werden. Nun gibt es erste Erfolge, auch die besonders schweren Migräne-Formen mit monoklonalen Antikörpern zu stoppen– und zwar noch bevor sie entstehen.