Arzneimittelpreise
Der Preis eines Arzneimittels ist nicht gleichzusetzen mit seinem Wert für den Patienten.
FAKT
Die pharmazeutische Industrie stellt für rund 10 Prozent der GKV-Ausgaben die gesamte ambulante Arzneimittelversorgung zur Verfügung.
Aktuelles
Statt dass die Krankenkassen ihre Zusage einlösen und die Einsparungen aus den Arzneimittel-Abschlägen für Impfprogramme aufwenden, wird das Geld der Versicherten lieber in den großen Sparstrumpf gesteckt. Erstmals haben die gesetzlichen Krankenkassen mehr als 20 Milliarden Euro auf der hohen Kante, wie die GKV-Daten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für das erste Halbjahr 2018 offenlegen. Gleichzeitig zeigen Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen, dass sich in der Saison 2016/17 nur knapp 35 Prozent der Personen ab 60 Jahre impfen ließen. Die Zielvorgaben der Europäischen Union für eine Impfquote von 75 Prozent bei älteren Personen werden in Deutschland weit verfehlt.
Wissenswertes
Wie entsteht der Arzneimittelpreis?
Die Preisbildung bei verschreibungspflichtigen RX-Arzneimitteln ist komplex. Das liegt schon allein daran, dass der Verkäufer, das Pharmaunternehmen, gar nicht direkt mit dem Endkunden, dem Patienten, handelt. Zwischengeschaltet sind die Großhändler, bei gesetzlich Versicherten die Krankenkassen (privat Versicherte gehen in Vorleistung und reichen die Rechnung ein), die die medizinischen Leistungen bezahlen sowie die behandelnden Ärzte und die Apotheker, die die Arzneimittel ausgeben. Dazu kommen regulatorische Eingriffe des Staates, der vor allem die Kosten der Versorgung im Blick hat.
Was bestimmt den Preis eines Arzneimittels?
Bei neuen, noch patentgeschützten Arzneimitteln – so genannten Originalpräparaten – legt der Hersteller zunächst einen Listenpreis fest, den die Krankenkassen ein Jahr lang erstatten. Innerhalb dieses Jahres muss der Hersteller auf Basis vorheriger Studien zeigen, ob das Medikament besser ist, als vergleichbare ältere Mittel. Auf Basis dieser frühen Nutzenbewertung wird anschließend zwischen Hersteller und Krankenkassen ein Erstattungspreis verhandelt, der nach dem 1. Jahr gilt. Wenn man sich hier nicht auf einen Preis einigen kann, entscheidet eine Schiedsstelle darüber.
Für einen Teil der Arzneimittel, haben die Krankenkassen einen bestimmten Betrag fixiert, den sie bei einer ärztlichen Verschreibung bezahlen. Diese Festbeträge sind Höchstbeträge für die Erstattung von Arzneimitteln durch die Krankenkassen. Zusätzlich kann jede Krankenkasse mit pharmazeutischen Unternehmen weitere Rabatte oder Preisnachlässe aushandeln. Apotheker sind dann dazu angehalten, das Arzneimittel abzugeben, über das die Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat.
Lediglich verschreibungsfreie Arzneimittel (OTC – Over the counter), also Medikamente, die man ohne Rezept in der Apotheke kaufen kann, haben im Gegensatz zu verschreibungspflichtigen (RX) Medikamenten keine regulierten Preise. Sie werden in der Regel auch nicht von der Krankenkasse bezahlt, sondern die Kosten vom Patienten selbst getragen. Bei den OTC, die etwa 15 % des Umsatzes in der Apotheke ausmachen, bestimmt in erster Linie der Markt den Preis.
Wer bekommt was vom Kuchen?
Gut 222 Milliarden Euro haben die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt in die Versorgung der Versicherten investiert. Etwa 16 Prozent der Ausgaben entfallen auf Arzneimittel und davon rund 8 Prozent auf die pharmazeutische Industrie.
Stand der Dinge
Kostendämpfung ist kein Allheilmittel für eine zukunftssichere Gesundheitsversorgung. So sind trotz vielfältiger gesetzgeberischer Maßnahmen in den vergangenen Jahren Lieferengpässe weiterhin ein Problem.
Eine Ursache für Lieferengpässe ist die Rabattvertragspraxis zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen. Den Vorschlag der Industrie im Pharmadialog, Rabattvertragsausschreibungen jenseits der Impfstoffe verpflichtend an mindestens drei Bieter zu vergeben, hat die Politik leider bisher nicht aufgegriffen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, den auch die Gesundheitsministerkonferenz an das BMG formuliert hat: Die Länder haben den Preisdruck und die Rabattverträge der Kassen als klare Mitursachen für Lieferengpässe ausgemacht. Das BMG ist nun aufgerufen, die Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen oder anderer Maßnahmen zu prüfen.
Woran wir arbeiten
Wir bringen mehr Sachlichkeit in die Debatte um Arzneimittelpreise. So zeigen die Analysen der BPI Pharma-Daten, dass die Einsparungen etwa durch Zwangsabschläge seit 2010 auf rund 16 Mrd. Euro kumulieren. In 2016 und 2017 betrug allein diese Belastung der Industrie jeweils rund 1,7 Mrd. Euro. Fakt ist: In 2017 lagen die Kassenersparnisse aus Rabattverträgen erstmals knapp über vier Milliarden Euro. Fast 1,6 Mrd. Euro wurden durch AMNOG-Erstattungsbeträge eingespart. Laut BMG-Statistik ist seit vier Jahren das Wachstum des Gesamtausgabenanstiegs bzw. seit drei Jahren der Ausgabenanstieg für Arzneimittel leicht rückläufig.
Wir wirken
Fast ein Drittel der AMNOG-pflichtigen Arzneimittel sind in Deutschland nicht oder nicht mehr verfügbar. Bei AMNOG-Arzneimitteln mit hohem Zusatznutzen gibt es Versorgungslücken. Das sind die Ergebnisse eines vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in Auftrag gegebenen Gutachtens. Der AMNOG-Check des BPI belegt, dass durch Nicht-Einführung und Marktaustritte von Arzneimittel-Innovationen in Deutschland den Patienten immer weniger Therapiealternativen zur Verfügung stehen. So hat sich die Verfügbarkeit von europäisch zugelassenen Arzneimittel-Innovationen im Zeitraum 2011 bis 2015 von 98,5 % auf 82 % verringert. Die Marktaustritte haben sich bis 2016 auf 27 erhöht. Der AMNOG-Check zeigt, dass hierzulande inzwischen fast ein Drittel der von der EMA zugelassenen AMNOG-fähigen Präparate nicht oder nicht mehr verfügbar ist
Position
Wir fordern die Rückkehr von einer primär kostengetriebenen Versorgung zu einer auf den Patienten zentrierten Versorgung. Hierzu muss vor allem die Frühe Nutzenbewertung wieder auf ihr eigentliches Ziel zurückgeführt werden. Sie ist die Basis für Preisverhandlungen, soll aber patientenindividuelle Verordnungsfähigkeit nicht einschränken. Ordnungspolitische Zumutungen von ausufernden Rabattverträgen bis zum Preismoratorium gestalten und fördern das Gesundheitssystem von morgen nicht, sondern gefährden es. Die Summe der restriktiven Markteingriffe führt inzwischen dazu, dass zunehmend wichtige patentfreie Produkte, beispielsweise in der Krebs- oder Antibiotikatherapie, vorübergehend oder nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch Innovationen verlassen immer wieder den deutschen Markt, wodurch unseren Patienten eine oft wichtige Therapiealternative fehlt, gerade bei chronischen Indikationen.
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10.08.2022
100 Sekunden Pharma: Der BPI erklärt Orphan Drugs
In der ersten Ausgabe von "100 Sekunden Pharma" erklärt BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen in einem kurzen Video-Clip das Thema der Arzneimittel gegen seltene Krankheiten (Orphan Drugs). Warum drohen die aktuellen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums das von der EU eingerichtete Incentive-System für die Entwicklung von Orphan Drugs zu torpedieren? Welche gültigen EU-Definitionen liegen für Seltene Leiden vor? Dr. Joachimsen gibt einen Überblick zu jüngsten Orphan Drugs-Statistiken und beschreibt die regulatorischen und wirtschaftspolitischen Zusammenhänge auf nationaler und europäischer Ebene. Für die kommenden Monate plant der BPI weitere Ausgaben dieses neuen Formats. Seien Sie also gespannt. -
27.07.2022 | Pressemeldung
GKV-FinStG: Kabinett setzt falsche Signale für eine sichere Arzneimittelversorgung
„Der heute vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes schwächt den Pharmastandort Deutschland und somit eine sichere Arzneimittelversorgung gerade in Krisenzeiten“, sagt der BPI-Vorstandsvorsitzende Dr. Hans-Georg Feldmeier. „Wir treten seit Jahren für die Abschaffung des innovations- und mittelstandsfeindlichen Preismoratoriums und für neue faire Ausschreibungsbedingungen bei den Rabattverträgen ein, um eine leistungsfähige Pharmaindustrie in Europa zu erhalten. Unsere Kosten für Energie, Rohstoffe und Wirkstoffe explodieren, die Personalkosten steigen. Die Antwort der Bundesregierung darauf ist eine Erhöhung der Herstellerabschläge und eine Verlängerung des Preismoratoriums. Als einziger Wirtschaftszweig haben wir damit keine Möglichkeit, Kostensteigerungen weiterzugeben." -
04.07.2022 | Pressemeldung
GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Aus der Pandemie nichts gelernt! Immer neue Kürzungen bei den Arzneimitteln gefährden akut Versorgung und Pharmastandort
„Der Bundesgesundheitsminister setzt mit seinen Kürzungen im Arzneimittelbereich den Pharmastandort Deutschland und Europa nachhaltig aufs Spiel und gefährdet die Versorgung der Menschen in Deutschland”, sagt der BPI-Vorsitzende Dr. Hans-Georg Feldmeier anlässlich des Gesetzesentwurfes zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Geplant sind darin Maßnahmen wie die radikale Kürzung über alle patentgeschützten Arzneimittel hinweg, das weitere Einfrieren der Preise seit nunmehr über zwölf Jahren (Preismoratorium) und die Rückwirkung des Erstattungsbetrags im AMNOG-Prozess ab dem siebten Monat. Auch bei der Erstattung für Arzneimittel gegen seltene Krankheiten soll es starke Einschnitte geben. -
15.03.2022 | Pressemeldung
GKV-Finanzierungsgesetz: Maßnahmen gefährden kritische Infrastruktur! Versorgungsrisiken drohen akut!
Heute wurde der Entwurf eines GKV-Finanzierungsgesetzes bekannt. Die darin geplanten Kostendämpfungsmaßnahmen im Arzneimittelbereich kommen aus Sicht des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) zur absoluten Unzeit: „Gerade in der aktuellen Situation, in der wir es mit massiven Lieferschwierigkeiten zu tun haben, dringend auf die Entwicklung von neuen Medikamenten angewiesen sind und zusätzlich noch die Versorgungsschwierigkeiten durch den Ukrainekrieg haben, ist jede weitere Belastung nicht zu verantworten!“ sagt der BPI-Vorsitzende Dr. Hans Georg Feldmeier. -
26.10.2021 | Pressemeldung
AMNOG-Daten 2021: Bei Vergütung von Innovationen über den Tellerrand schauen
Nutzenbewertung und Preisfindung bei Arzneimittel-Innovationen sind im Prinzip durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) hinreichend geregelt. Gerade bei hochpreisigen innovativen Therapien – wie den Advanced Therapy Medical Products (ATMP) – können aber ergänzend Outcome-bezogene Erstattungsmodelle sinnvoll sein. Sie könnten sowohl den generellen Zugang zum medizinischen Fortschritt als auch seine Finanzierbarkeit erleichtern. Dies ist nur eine der Schlussfolgerungen aus den neu erschienenen AMNOG-Daten 2021 des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). -
29.07.2021 | Pressemeldung
Bürokratie abbauen, Lieferketten stärken!
Deutschland und Europa müssen in ihrer Arzneimittelproduktion wieder autarker werden. Darin sind sich die Parteien einig. Unser Standort soll attraktiver werden für Produktion, Forschung und Entwicklung. Dieses Ziel wird jedoch konterkariert durch immer mehr regulatorische Auflagen, die enorme Kosten in den pharmazeutischen Unternehmen verursachen. Will beispielsweise ein pharmazeutisches Unternehmen einen weiteren (Wirkstoff)-Zulieferer in seine europäische Zulassung aufnehmen, entstehen schnell Verwaltungskosten im sechsstelligen Bereich. „Es kann nicht sein, dass pharmazeutische Unternehmen für die Stärkung der Lieferketten zugunsten der Versorgung im jeweiligen Land finanziell ‚bestraft‘ werden“, betont Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). -
21.12.2020 | Pressemeldung
Pharma-Daten 2020: 50 Jahre fundierte Analysen
Ein Blick in die historischen Daten zeigt: Die GKV-Arzneimittelausgaben liegen seit 30 Jahren auf einem vergleichbaren Niveau. Sie betrugen damals wie heute rund 15 bis 16 Prozent der GKV-Gesamtausgaben. Das ergeben die Analysen der Jubiläumsausgabe „Pharma-Daten 2020“ des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Zudem investierte kein Industriezweig einen höheren Umsatzanteil für Forschung und Entwicklung. Trotzdem wird die Pharmabranche weiter finanziell unter Druck gesetzt. -
16.09.2020 | Pressemeldung
BPI zum Vor-Ort-Apotheken-Gesetz: Versorgungssicherheit gewährleisten
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) fordert den Deutschen Bundestag auf, im Rahmen des Vor-Ort-Apothekengesetzes (VOAG) die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln zu gewährleisten: „Wir benötigen einheitliche Preisstrukturen einerseits und andererseits eine belastbare Versorgungsstruktur durch eine stabile Produktion und Entwicklung in Deutschland und Europa“ sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen. -
16.07.2020 | Pressemeldung
Es gibt keine Kostenexplosion im GKV-Arzneimittelmarkt
„Die GKV-Ausgaben für Arzneimittel liegen seit Jahren konstant bei rund einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes“, sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen und reagiert damit auf einen aktuellen Bericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zum GKV-Arzneimittelmarkt 2019. Die Autoren sehen die Arzneimittelpreise im Patentsegment „im Steigflug“ und stellen die Bezahlbarkeit durch die Solidargemeinschaft in Frage. „Die AOK macht einen fatalen Fehler, und kritisiert die gerade jetzt dringend benötigten Durchbrüche in der Arzneimittelforschung als geringen Beitrag zur Versorgung“, so Dr. Joachimsen. „Eine Kostenexplosion gibt es nicht. Im Übrigen sei daran erinnert, dass die Erstattungspreise für Innovationen mit den gesetzlichen Krankenkassen verhandelt werden.“ -
17.06.2020 | Hintergrund
Podcast mit Dr. Hans-Georg Feldmeier
„Welche industrielle Gesundheitsversorgung braucht Deutschland, braucht Europa als krisenfestes Rückgrat?" Dazu im „Agenda Podcast“ des Tagesspiegel Verlags: Dr. Hans-Georg Feldmeier, designierter Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Es geht um Corona, Wirtschaft und die Zukunft. Reinhören!