Die Unterstützung der raschen Entwicklung und Zulassung wirksamer und sicherer Behandlungsmethoden und Impfstoffe gegen COVID-19 hat nach eigenen Aussagen für die EMA oberste Priorität. Ziel sei die Beratung zu regulatorischen Anforderungen, damit jedes vielversprechende Medikament den Patienten so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt werden kann, zunächst im Rahmen der klinischen Prüfung und dann, nach der Zulassung, auf dem Markt. In den letzten Wochen und Monaten habe das COVID-19-Reaktionsteam der EMA mit Entwicklern von 40 therapeutischen Arzneimitteln gesprochen und zusammengearbeitet. Demnach soll eine Reihe von entsprechenden Projekten im Gange sein. Aktuell hat jedoch auf der Grundlage der der Agentur vorgelegten vorläufigen Daten noch kein Medikament seine Wirksamkeit bei der Behandlung von COVID-19 bewiesen.
Wirksame Therapeutika werden für die Behandlung schwerer COVID-19-Erkrankungen dringend gebraucht und derzeit sowohl in Heilversuchen als auch in klinischen Prüfungen erprobt. Zu unterscheiden sind Wirkstoffe
- die die Virusvermehrung durch Hemmung von Virusfunktionen reduzieren,
- die die Weitergabe des Virus von Zelle zu Zelle im Körper Infizierter hemmen und,
- die von CoV-2 im Körper der Infizierten ausgelöste schädigende Mechanismen ausschalten.
Bisher werden vorhandene und für andere Krankheiten (Indikationen) zugelassene Wirkstoffe für die Behandlung von COVID-19 erprobt, was als "repurposing" bezeichnet wird.
Zu den potenziellen Behandlungen für COVID-19, die in klinischen Studien zur Beurteilung ihrer Sicherheit und Wirksamkeit gegen die Krankheit getestet werden, gehören:
- Remdesivir (in der Forschung),
- Lopinavir/Ritonavir (derzeit als Anti-HIV-Medikament zugelassen),
- Chloroquin und Hydroxychloroquin (derzeit auf nationaler Ebene zur Behandlung von Malaria und bestimmten Autoimmunkrankheiten wie rheumatoider Arthritis zugelassen),
- systemische Interferone und insbesondere Interferon beta (derzeit zugelassen zur Behandlung von Krankheiten wie Multiple Sklerose),
- monoklonale Antikörper mit Aktivität gegen Komponenten des Immunsystems.
Für Remdesivir bestätigt das BfArM ein Härtefallprogramm. In diesem Zusammenhang ist auf die aktuellen Hinweise der EMA zum Compassionate Use von Remdesivir zu verweisen, das vor allem für COVID-19-Patienten in Frage kommt, die nicht die Einschlusskriterien für eine klinische Prüfungen mit diesem erfüllen.
Zu Chloroquin und Hydroxychloroquin, zwei Medikamente, die derzeit für Malaria und bestimmte Autoimmunerkrankungen zugelassen sind, machte die EMA darauf aufmerksam, dass es sehr wichtig sei, dass Patienten und medizinisches Fachpersonal diese Wirkstoffe nur für ihre zugelassenen Anwendungen oder im Rahmen von klinischen Studien oder nationalen Notfallprogrammen zur Behandlung von COVID-19 verwenden. Beide können schwerwiegende Nebenwirkungen haben, insbesondere bei hohen Dosen oder in Kombination mit anderen Medikamenten. Sie dürfen nicht ohne Verschreibung und ohne ärztliche Aufsicht verwendet werden; Verschreibungen sollten nicht außerhalb ihrer genehmigten Verwendung erfolgen, außer im Rahmen einer klinischen Prüfung oder national vereinbarter Protokolle.
Chloroquin und Hydroxychloroquin sind lebenswichtige Medikamente für Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Lupus. Es sei wichtig, dass diese Patienten sie weiterhin erhalten können und nicht mit Engpässen konfrontiert werden, die durch Lagerhaltung oder Verwendung außerhalb der zugelassenen Indikationen verursacht werden. In einigen Ländern wurde die Verschreibung der Medikamente bereits eingeschränkt, um das Risiko von Engpässen zu verringern.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) äußerte sich dahingehend, dass nach seiner Auffassung eine weltweite Harmonisierung der regulatorischen Anforderungen und auch Diskussionen zwischen den für die Genehmigung klinischer Prüfungen zuständigen Arzneimittelbehörden in der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) als Basis für die Beschleunigung der COVID-19-Impfstoffentwicklung notwendig ist. Dazu gab es am 18. März 2020 einen Regulierungsworkshop, der Delegierte aus 17 verschiedenen Ländern zusammenbrachte, die mehr als 20 Arzneimittelaufsichtsbehörden weltweit vertraten, sowie Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Europäischen Kommission und der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA), um ihre Ansichten zur Entwicklung von Impfstoffen gegen COVID-19 auszutauschen. Die Diskussion innerhalb des Workshops fand im Rahmen des von der Internationalen Koalition der Regulierungsbehörden für Arzneimittel (International Coalition of Medicines Regulatory Authorities, ICMRA) ausgerichteten virtuellen Workshops statt.