Oft kommt es per Zufall heraus: Der Blutdruck ist zu hoch! Fast jeder dritte Mensch in Deutschland hat Bluthochdruck, das sind etwa 20 bis 30 Millionen Menschen. Bei ihnen liegen die Werte bei mehrmaligen Messungen über 140/90 mmHg. Meistens bemerkt man nicht, dass die Werte zu hoch sind, denn Bluthochdruck – der Fachausdruck lautet Hypertonie – macht selten Symptome. Still und heimlich schädigt er Gefäße und verschiedene Organe, wie Herz, Gehirn, Nieren und Augen. Das bedeutet: Wenn sich die Werte wieder normalisieren, sinkt das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall, für eine Herz- oder Nierenschwäche deutlich „Das kann durch einen veränderten gesunden Lebensstil (ausreichend Bewegung, mäßige Sportbetätigung, abwechslungsreiche, fleisch- und fettarme Ernährung mit viel Gemüse etc.) gelingen und durch eine passende Arzneimitteltherapie“, betont Serrano.
Fixkombination: Wirkungen ergänzen sich
Blutdruck ist eine der komplexesten Funktionen unseres Körpers. Herz, Gehirn, Gefäße, Nieren und Nebennieren sowie viele Stoffe und deren Vorstufen sind an der Regulation des Blutdrucks beteiligt. Entsprechend vielfältig sind die Arzneimittel gegen Hypertonie – Fachbegriff: Antihypertensiva –, die je nach Wirkstoffgruppe an ganz unterschiedlichen Stellen ansetzen. Oft werden sie miteinander kombiniert, so dass sich die verschiedenen Wirkungen ergänzen. „Dafür müssen Patientinnen und Patienten nicht mehrere Tabletten schlucken, sondern die Wirkstoffe sind oft in einer Fixkombination, also einer Kombi-Pille vereint“, so Serrano. In der Therapie unterscheidet man die folgenden Arzneimittelgruppen:
Die Basismedikamente gegen Bluthochdruck
- ACE-Hemmer (Namen enden häufig auf -pril): ACE steht für „Angiotensin Converting Enzyme“. Dieser Eiweißstoff wandelt das Prohormon Angiotensin I in das gefäßverengende und damit blutdrucksteigernde Hormon Angiotensin II um. ACE-Hemmer blockieren diesen Vorgang.
- Sartane (Namen enden auf -sartan): Sartane wirken ähnlich wie ACE-Hemmer, Angiotensin II kann seine blutdrucksteigernde Wirkung nicht entfalten.
- Kalziumantagonisten (Namen enden häufig auf -dipin): Wenn Kalzium in die Muskelzellen einströmt, verengen sich die Blutgefäße und der Blutdruck erhöht sich. Kalziumantagonisten verhindern diese Wirkung.
- Diuretika: Das sind entwässernde Arzneimittel. Dadurch verringert sich die Blutmenge, der Blutdruck sinkt.
- Betablocker (Namen enden häufig auf -olol bzw. -ol): Betablocker regulieren eine zu hohe Herzaktivität über das sympathische Nervensystem herunter. Außerdem bremsen sie in den Nieren die Produktion des Hormons Renin, das zu einer Verengung der Blutgefäße und damit zu einem Blutdruckanstieg führt. Zudem sensibilisieren sie die Druckfühler in den großen Arterien, die die Gefäßweite regulieren.
Wechselwirkungen im Blick
Es ist vor allem von möglichen Begleiterkrankungen abhängig, welches Arzneimittel oder welche Kombination für eine Patientin oder einen Patienten in Frage kommt. „So sind Betablocker zum Beispiel zwar als alleiniges Mittel in den Hintergrund getreten, aber in Kombination mit anderen Arzneimitteln sind sie besonders bei Herzkrankheiten geeignet, weil sie das Herz schonen“, sagt Serrano.
Bei einer Nierenschwäche punkten Diuretika oder ACE-Hemmer beziehungsweise Sartane. Kalziumantagonisten sind besonders gut darin, Schlaganfälle zu verhindern. Wenn diese Medikamente nicht ausreichend wirken, kommen weitere Arzneimittelgruppen in Frage, die sich manchmal auch für besondere Situationen anbieten: zum Beispiel Alpha-Blocker bei Männern mit gutartiger Prostatavergrößerung oder Zentrale Sympathikus-Blocker (auch Antisympathotonika genannt) für Frauen in der Schwangerschaft.
Innovationen: Kommt bald die Spritze gegen Bluthochdruck?
Trotz dieser Bandbreite an Arzneimitteln forschen pharmazeutische Unternehmen an weiteren Therapieoptionen. Denn es gibt immer wieder Patientinnen und Patienten, deren Hypertonie schwer unter Kontrolle zu bringen ist. Eine neue Arzneimittelgruppe rückt im Fall einer solchen „Therapieresistenz“ in Sichtweite: Aldosteron-Synthase-Hemmer. „Diese Arzneimittel hemmen die Produktion von Aldosteron – ein Hormon, das in der Nebenniere hergestellt wird und den Blutdruck steigen lässt“, so Serrano.
Auch an der „Spritze“ gegen Bluthochdruck wird geforscht. Dabei kommt das sogenannte Gen-Silencing zum Zug: Ein Gen, das für die Produktion des blutdrucksteigernden Eiweißstoffs Angiotensinogen zuständig ist, wird stumm geschaltet. Der Effekt soll für Wochen oder Monate anhalten. Doch diese Innovationen sind noch lange nicht auf dem Markt: Sicherheit und Wirksamkeit muss weiterhin noch in großen Studien überprüft werden.
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