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Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe

Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe in der Medizin zeichneten sich meist durch eine schrittweise Optimierung bekannter Substanzen, aber auch durch galenische Verbesserungen der Darreichungsform oder durch Zulassung neuer Anwendungsgebiete aus. Im Mittelpunkt dabei steht immer der Mehrwert für die Patientinnen und Patienten– unabhängig davon, ob es sich um einen völlig neuen Wirkstoff zur Therapierung einer Krankheit oder um eine schrittweise Verbesserung auf Basis eines bereits bekannten Wirkstoffs handelt.

Wenn beispielsweise bei der Behandlung von Kindern eine Injektion durch eine orale Darreichungsform ersetzt werden kann, ohne dass die klinische Wirksamkeit sinkt, ist es für den Patientennutzen sekundär, ob diese Tablette einen komplett neuartigen Wirkstoff enthält oder die Galenik1 des vorher injektionspflichtigen Wirkstoffs optimiert wurde.

Von der wirksamen Säure zum siegreichen Medikament 

Ein weiteres typisches Beispiel für den zunehmenden Patientennutzen durch mehrere aufeinanderfolgende Verbesserungen auf Basis eines bewährten Wirkstoffs ist Acetylsalicylsäure (ASS): Schon im antiken Griechenland wurde der Saft der Weidenrinde gegen Fieber und Schmerzen aller Art eingesetzt. Erst 1828 gelang es, einen therapeutisch wirksamen Stoff aus Weidenrinden, die Salicylsäure, zu isolieren. Salicylsäure selbst wurde seit 1874 großtechnisch in Radebeul hergestellt und als Medikament eingesetzt. Der bittere Geschmack der Substanz, die ätzende Wirkung der Säure im Mund und Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden schränkten jedoch die Einsatzmöglichkeiten stark ein. Erst die Acetylierung der Säure zur heute bekannten ASS und ihre Produktion in Reinform starteten 1897 den Siegeszug des weltweit als Aspirin® bekannten Stoffes.

Die breite Palette an Darreichungsformen (Sublingual-, Kau-, Brause-, Retard-, Film-, Schmelz- oder Trinktabletten, Granulat, Kapseln, Injektionslösungen, Suppositorien und Dragées), die sich aus der ursprünglichen Pulverform entwickelten, liegt auch in einer Ausweitung der Indikationsgebiet begründet: Wurde das Medikament anfangs gegen Fieber und zur Schmerzlinderung eingesetzt, wird ASS heute unter anderem gegen Entzündungen, in der Thrombose- und Herzinfarktvorbeugung und sogar bei der Prävention einiger Krebsarten eingesetzt.

Schrittweise Verbesserung der Therapiestandards

Nahezu alle heutigen Therapiestandards haben sich durch schrittweise Verbesserungen bewährter Arzneimittel entwickelt: So ist es durch innovative Dosiersysteme möglich, Augentropfen auf Basis bewährter Wirkstoffe nun auch ohne Konservierungsstoffe anzubieten, was das Auftreten allergischer Reaktionen deutlich vermindern kann.

Noch mehr Erfolgsgeschichten?

  • In der Corona-Pandemie erwies sich das bewährte Glucocortikoid Dexamethason schnell als effektiv bei schweren COVID-19-Verläufen
  • Die Möglichkeit, starke Schmerzmittel über transdermale Pflaster optimiert freizusetzen, bedeutet einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität für Patientinnen und Patienten wie auch für Angehörige.
  • Die Zulassung eines bewährten Antidiabetikums zur Anwendung bei Adipositas, kann vielen Menschen den Kampf gegen Übergewicht erleichtern und so neue Lebensqualität schenken, sowie das kardiovaskuläre Risiko senken
  • Dank der modernen Methoden der Molekularbiologie ist es heute grundsätzlich möglich, mit Hilfe von Biomarkern den Verlauf einer Therapie zum Nutzen der Patientinnen und Patienten besser zu begleiten. Auch die Entwicklung derartiger Tests zur Therapieanwendung mit einem bewährten Wirkstoff kann eine relevante Verbesserung darstellen.

Die Forschung an bewährten Wirkstoffen ist also – neben der Entwicklung gänzlich neuer Medikamente – ein wichtiges und effizientes Instrument, um neue und verbesserte Therapien zur Verfügung zu stellen.

1 Galenik ist eine Bezeichnung für pharmazeutische Technologie und meint die Prozessierung eines therapeutischen Wirkstoffs in ein Arzneimittel.