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Qualität senkt Kosten, Kostendämpfung senkt Qualität

BPI sieht im Sachverständigengutachten erste Schritte in richtige Richtung. BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp: "Die Erkenntnis aus dem Gutachten lautet, dass es besser ist, mit Arzneimitteln zu sparen, als an Arzneimitteln."

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) begrüßt über weite Strecken das heute vom Sachverständigenrat vorgelegte Gutachten zu „Koordination und Qualität im Gesundheitswesen“. „Ich habe den Eindruck, unsere Bemühungen um einen rationalen Blick auf Arzneimittel und ihre therapeutischen Möglichkeiten beginnen Früchte zu tragen“, so BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp nach einer ersten Durchsicht. Die Gutachter vollziehen seiner Ansicht zufolge erste Schritte, um Arzneimittel nicht mehr isoliert als Kostentreiber im Gesundheitssystem zu betrachten, sondern räumen ihnen einen eigenständigen und berechtigten Platz in der medizinisch-therapeutischen Behandlungskette ein. „Die Erkenntnis aus dem Gutachten lautet, dass es besser ist, mit Arzneimitteln zu sparen, als an Arzneimitteln.“ „Nicht nur in der Industrie weiß man seit langem, dass reine Kostendämpfung in allen komplexen Systemen vor allem zu Qualitätsverlusten führt, nicht aber zu tatsächlich sinkenden Kosten“, so Fahrenkamp. Erst wenn in einem ganzheitlichen Ansatz strukturelle Qualitätsverbesserungen in Angriff genommen werden, können sich auch die Schlupflöcher für unnötig eingesetzte Finanzmittel im System schließen lassen. „Ich entnehme dem Gutachten, dass sich diese Erkenntnis jetzt auch bei den Sachverständigen eingestellt hat, und man kann nur hoffen, dass die Politik ihr eigenes Beratungsgremium ernst nimmt, denn nur so lässt sich der bereits eingeschlagene Weg in die schleichende und unsoziale Rationierungsfalle korrigieren.“ Als Teil dieser vernünftigen Strategie wertet Fahrenkamp eine sinnvolle Zuzahlungsregelung im unteren Preisbereich, wie sie nun auch der Sachverständigenrat vorschlägt. “Der BPI hat stets darauf hingewiesen, dass durch eine Zuzahlungsuntergrenze von 5 Euro der Preiswettbewerb unterhalb der 50-Euro-Marke aufgehoben wird und dort Anreize zu einem vergleichsweise hochpreisigen Verschreibungsverhalten gesetzt werden. Dass diese an sich banale Erkenntnis jetzt von den neutralen Sachverständigen der Politik ins Stammbuch geschrieben wird, sehe ich als ausdrückliche Bestätigung unserer Vorschläge für einen vernünftig konzipierten Arzneimittelmarkt“, so der Hauptgeschäftsführer. Problematisch ist für den BPI allerdings nach wie vor die Auffassung des Gremiums von einer Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Dass eine umfassende Untersuchung des jeweiligen Arzneimittelnutzens nicht unmittelbar mit seiner Zulassung erfolgen kann, sei entweder den Gutachtern noch immer nicht klar – oder diese Erkenntnis sei eben politisch nicht gewollt. „Die Frage ‚Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Auto?’ können Sie ja auch nicht beantworten, wenn Sie gerade den Kaufvertrag unterschrieben haben“, macht Fahrenkamp deutlich. Es sei also mehr als schlüssig, wenn der BPI seit Jahren betont, dass eine Nutzenbewertung komplexer Produkte in komplexen Strukturen, einen Anwendungszeitraum unter „Alltagsbedingungen“ von mindestens 3 bis 5 Jahren voraussetzen. „Auf diesem Auge haben die Sachverständigen leider noch eine Sehschwäche“, beklagt Fahrenkamp. Der BPI fordert vor diesem Hintergrund weitere Schritte zu einer umfassend System orientierten Anwendungs- und Versorgungsforschung, in der das Arzneimittel als gleichwertiges Instrument im medizinisch-therapeutischen Prozess einer objektiven Bewertung unterzogen wird. „Mit den Sachverständigen sind wir uns einig, dass die elektronische Gesundheitskarte hier enorme Chancen bieten könnte – allerdings nicht in der bislang diskutierten Version auf dem allerkleinsten gemeinsamen Nenner“, so Fahrenkamp abschließend.