Lieferengpässe

Lieferengpässe

Das seit einigen Jahren wachsende Problem der Arzneimittellieferengpässe ist in Politik und Medien endlich angekommen. Mehrere hundert Arzneimittel sind bei der Bundesoberbehörde BfArM im Engpass gemeldet. Nicht jede Lieferschwierigkeit oder jeder Engpass ist aber automatisch ein Versorgungsproblem. Die Patientenversorgung ist glücklicherweise in vielen Fällen nicht erschwert. Meistens sind bestimmte Medikamente nur nicht in der entsprechenden Packungsgröße lieferbar oder können durch gleichwertige Präparate ersetzt werden. Leider wächst jedoch in den letzten Jahren die Zahl der schwer zu substituierenden Medikamente deutlich und es ist eine Frage der Zeit, wann sich auch Therapien nennenswert verschlechtern, sich verzögern oder ausbleiben. Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand.

Von einem Lieferengpass spricht man bereits, wenn das pharmazeutische Unternehmen zwar durchaus lieferfähig ist, allerdings das Arzneimittel nicht in der nachgefragten Menge liefern kann. Solche Lieferschwierigkeiten und auch Engpässe können in der pharmazeutischen Industrie immer wieder einmal auftreten. 

Nicht jede Lieferschwierigkeit ist eben gleich ein Lieferengpass und einzelne Lieferengpässe sind nicht gleich ein allgemeiner Versorgungsengpass. Das Paul Ehrlich Institut (PEI) und das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM), bei denen Meldungen zu Lieferengpässen eingehen, prüfen bei jeder Meldung, ob die Versorgung der Bevölkerung durch den Lieferausfall gefährdet ist und ob es alternative Arzneimittel gibt. Kritisch kann ein Lieferengpass allerdings bei Arzneimitteln werden, für die es nur noch wenige bis zum einem Hersteller auf dem Markt gibt.

Gründe für einen Lieferengpass

Engpässe sind unerwünschte und unvorhersehbare Ereignisse. Die genauen Gründe kann nur der jeweilige Hersteller erklären. Generell können sie verschiedenste Ursachen haben, wie etwa Unterbrechungen in den Produktionsabläufen oder der Abriss der Lieferung durch vorgelagerte Lieferanten. Ein Hauptgrund für mögliche Lieferschwierigkeiten ist die weltweite Konzentration der Wirkstoffproduktion. Dies ist dem globalen Kostendruck im Gesundheitswesen geschuldet. Zugleich steigt die weltweite Nachfrage nach Medikamenten. Ein weiterer Grund sind die hohen Sicherheitsstandards: Bei dem kleinsten Verdacht etwa auf Verunreinigung wird aus Sicherheitsgründen die Produktion und Auslieferung angehalten. Lieferengpässe sind somit manchmal auch der „Preis für das hohe Sicherheitsniveau“.

Die Problematik von Lieferengpässen liegt aber auch wesentlich in der Natur der Ausschreibungspraktiken, wie sie von den Krankenkassen durchgeführt werden. Das Risiko für Lieferengpässe wäre geringer, wenn es grundsätzlich erst Ausschreibungen für Arzneimittel geben darf, wenn mindestens vier Anbieter im Markt sind und zudem die Krankenkassen an mindestens drei Anbieter Zuschläge erteilen müssen, von denen mindestens einer den Standort seiner Produktionsstätte in Europa nachweisen muss.

Bei gemeinsamen Ausschreibungen der Krankenkassen muss aber zudem darauf geachtet werden, dass diese sich an die kartellrechtlichen Regelungen für Marktbeherrschung halten. Meint: Die Marktanteilshöchstgrenzen für gemeinsame Ausschreibungen seitens der Kassen darf max. 15 % betragen.

Schaden für das pharmazeutische Unternehmen

Pharmazeutische Unternehmer haben naturgemäß ein starkes Interesse an einer maximalen Liefersicherheit; kein Hersteller hält bewusst Arzneimittel knapp oder gibt nur vor, lieferunfähig zu sein. Jede Lieferunfähigkeit ist ein Vertrauensverlust und ein Imageschaden beim Patienten, Lieferunfähigkeit schlägt mit Umsatz- und Absatzverlusten zu Buche, und es bestehen erhebliche Risiken von Strafzahlungen (Vertragsstrafen, Schadensersatz) an die Krankenkassen. Insofern können die Patienten gewiss sein, dass die Industrie alles tun wird, um Probleme bei der Produktion oder Lieferung zu verhindern.

Anbietervielfalt stärken

In jedem Fall ist das Problem der Lieferengpässe nur gemeinsam mit allen Beteiligten zu lösen. Sinnvoll ist, dass Bundesbehörden und Fachkreise die Versorgungslage beobachten und bewerten, um mehr Ursachenforschung bei der Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen betreiben zu können. Doch eine Meldepflicht für Unternehmen, wenn es zu Problemen bei Produktion bzw. Lieferung kommt, wird auch keinen einzigen Engpass verhindern. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt wird an die Bundesoberbehörden gemeldet. Bevor weitere Meldepflichten eingeführt werden, sollte man schauen, ob die bestehenden Datenbanken nicht ausreichend sind. Außerdem müsste genau definiert werden, was denn tatsächlich als Lieferengpass zu bewerten ist und wann eine Meldung wirklich hilft. Die Selbstverpflichtung zur frühzeitigen Meldung bei Lieferengpässen ist eine Möglichkeit zur Verbesserung der Informationslage. Eine Mitteilung allein durch den Hersteller bildet jedoch die Versorgungslage unvollständig ab, da der Hersteller keine Auskunft über die noch im Markt befindlichen Volumina geben kann. Ein grundsätzlicher Ansatz wäre es, einen Aktionsplan aufzulegen, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu entwickeln, dass die Anbietervielfalt und die standortgebundene Pharmaindustrie in Europa gestärkt werden. Erste Ansätze sowie das Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) von 2023 bestehen bereits, greifen jedoch nicht weit genug. Wir brauchen ein entschiedenes Handeln bei der Verbesserung der Versorgungslage.

Eine aktuelle Liste von bestimmten Präparaten mit Lieferproblemen führen das BfArM und das PEI.

BPI Pharma Aktuell: Lieferengpässe – Bevorratung und Meldepflichten

In „Pharma Aktuell“ erklärt der BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. med. Kai Joachimsen in einem kurzen Video-Clip, warum eine Bevorratung von Arzneimitteln und neue Meldepflichten Lieferengpässe nicht verhindern können. Mit Blick auf das geplante Generika-Gesetz für 2023 sind grundlegende Strukturänderungen nötig, um die Versorgungssicherheit zu stärken.

Was heute beispielsweise an Fiebersäften für Kinder und Antibiotika fehlt, könnte in drei Jahren noch viele weitere Arzneimittel betreffen. Doch was braucht es, um das Risiko für Lieferengpässe künftig zu minimieren?

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